Kenia: Diffusorbau unter erschwerten Bedingungen

Vom 5. bis 19 April 2019 habe ich HydroSolution e. V. nach Kenia (Link Klimazertifikat) begleitet. Seit ich Maximilian Dötterl bei einem TRIZ-Kurs an der OTH Amberg-Weiden kennengelernt habe, unterstütze ich mit der TRIZ Consulting Group GmbH und privat den Verein HydroSolution e. V., der versucht, Menschen in Kenia trinkbares Wasser zu bringen.

Dabei beschränkt sich meine Hilfe nicht nur auf finanzielle Unterstützung, sondern beinhaltet auch tatkräftige Hilfe: Letztes Jahr habe ich vier Studenten, die für HydroSolution an der Weiterentwicklung der Filter arbeiten, einen TRIZ-Kurs gegeben. Dieses Jahr habe ich mir zwei Wochen Zeit genommen, um die Arbeit vor Ort zu begutachten und eventuell ein paar Hinweise zu geben, was besser gemacht werden könnte.

Was ich in Kenia kennengelernt habe, ist das begeisterte und hart arbeitende HydroSolution-Kenia-Team. Das Team, das die Wasserfilter wirklich vor Ort baut. Die Wasserfilter gibt es in verschiedenen Größen: Zum einen kleine Hauswasserfilter für Familien bis hin zu großen Filtern für Schulen, die bis zu 900 Kinder mit sauberem Trinkwasser versorgen. Die Kinder leiden dadurch weniger an Bauchschmerzen und anderen Krankheiten. Von den Hauswasserfiltern werden rund 14 Stück pro Monat gebaut, alle drei Monate wird ein großer Schulfilter fertig gestellt. Und das alles mit vor Ort vorhandenen Mitteln. HydroSolution muss also keine Werkstoffe von außerhalb einführen, sondern kann mit den Mitteln vor Ort die Filter bauen.

Ich habe Kenia als ein Land kennengelernt, das durch Ressourcenknappheit gekennzeichnet ist. Man bekommt wenig Baumaterial und dieses ist meist von schlechter Qualität. Mit dem verfügbaren Bauholz würde hierzulande niemand auch nur versuchen, etwas zu bauen. Dort muss man damit zurechtkommen.

Das bringt mich dann auch zu meiner TRIZ-Aufgabe, die ich aus Kenia mitgebracht habe: Seit den ersten Filtern war der Diffusor ein Problem. Der Diffusor ist eine Lochplatte, die verhindern soll, dass das Wasser, welches in den Filter geschüttet wird, als ein harter Strahl auf die stehende Wasserschicht trifft und dadurch die darunterliegende Sandschicht sehr stark aufwühlt. In dieser ersten Sandschicht bildet sich nämlich der Biofilm aus: Eine Schicht, in der aerobe Bakterien leben, die die schädlichen Keime und Bakterien im Wasser vernichten. Diese Schicht soll möglichst ungestört bleiben.

Als ersten Diffusor hatte man einen Plastikeimer eingesetzt, mit Löchern an der Unterseite. Dieser Eimer ist zum einen teuer, zum anderen sehr zerbrechlich. Außerdem wurde noch eine Platte mit einem Loch benötigt, die den Eimer auf dem Filter hält. Der Eimer musste also weg. Maximilian Dötterl trimmte den Eimer und übertrug die Haltefunktion dem betonierten Filter selbst, indem ein kleiner Absatz eingebracht wurde. Der Eimer wurde durch eine Metallplatte ersetzt, durch die mit einem Nagel Löcher geschlagen wurden. Jetzt stellte man fest, dass diese Metallplatten trotz der Lackierung zu rosten begannen. Also auch diese Lösung war suboptimal. An eine Veredelung der Platten durch verzinnen oder verzinken oder auch an Edelstahl ist in Kenia nicht zu denken. Das ist entweder nicht zu haben oder schlicht zu teuer.

Maximilian und ich begannen also mit einer Ressourcenanalyse. Was haben wir zur Verfügung? Schlechtes Bauholz, Zement, Sand, Kies, Stahlplatten, Plastiksäcke, Plastikschnüre, Hasendraht, … Die Funktionen, die unser Diffusor zu erfüllen hatte, waren uns als TRIZ-Ausgebildeten klar: Wasser bremsen und verteilen. Da der bisherige Ansatz mit einstückigen, gelochten Materialien nicht funktioniert hat, fanden wir den Ansatz über Innovationsprinzip 1 (Segmentierung) und 13 (Funktionsumkehr) charmant: Wie wäre es, wenn wir nicht von einem Material, sondern von einem kleinteiligen Material ausgingen? Also beispielsweise den Kies in einen Hasendraht packen oder einen gewebten Plastiksack. Wie wäre es, wenn wir kleine Holzlatten miteinander verbinden würden? Alle Ideen, die wir produzierten, haben wir danach sofort wieder verworfen, weil entweder das entstehende Bauteil nicht langlebig genug war oder zu teuer. Die einzige Idee, die uns dann wirklich gefallen hat, war ein betonierter Diffusor: Langlebig, von den Arbeitern mit den schon vorhandenen Mitteln vor Ort herstellbar, nicht rostend, billig.

Nach weiteren Überlegungen, wie die Fertigung des Diffusors erfolgen soll, haben Nina Auer (1. Vorstand HydroSolution e. V.) und ich einen ersten Testdiffusor betoniert. Ein totaler Reinfall: Das Teil ist uns unter den Händen zerbröselt. Der Beton war zu trocken angemischt, aber das Prinzip schien zu funktionieren.

 

Beim zweiten Versuch haben wir James vom Team vor Ort gebeten, den Beton anzumischen. Der erfahrene Mitarbeiter hat eine Betonmischung gewählt, die mit unserer Form hervorragend funktionierte.

 

 

Am nächsten Tag konnten wir also schon den ersten betonierten Diffusor ausprobieren und waren vom Ergebnis begeistert. Der Diffusor funktionierte schon sehr gut. Einige Schwachstellen wie zu grobe Toleranzen wurden als Verbesserungspotenzial gesehen, aber im Großen und Ganzen tat die Betonplatte genau das, was wir von ihr wollten. Der Funktionstest war bestanden.

Leider kam ich in den zwei Wochen nicht mehr dazu, an dem Diffusor mit weiterzuarbeiten. Maximilian war noch etwas länger vor Ort und hat eine Metallschalung nach unserem Modell schweißen lassen und heute haben mich die ersten Bilder erreicht, wie das kenianische Team den Diffusor in geringerer Wandstärke gefertigt hat.

 

 

Kenia selbst war eine sehr erdende Erfahrung: Wie viel dort aus so wenig gemacht wird! Ich bin froh, dass ich nun auch das kenianische Team von HydroSolution kennengelernt habe und stolz darauf, ein bisschen am Erfolg der Wasserfilter mitwirken zu dürfen.

Vielen herzlichen Dank,
Robert Adunka